Kulturlandschaften im Wandel Natur, Geschichte, Erbe / Paesaggi culturali in trasformazione Nature, storie, memorie
Sommersemester, März — Juni 2023 Verantwortliche: Gerhard Glüher, Waltraud Kofler Engl, Gaia Piccarolo Mit freundlicher Unterstützung der Architekturstiftung Südtirol
Kulturlandschaften sind das Ergebnis eines dynamischen Prozesses der Nutzung und Entwicklung des Naturraumes durch das Wirken der Menschen und Folge räumlich-geographischen, sozial-ökonomischen und kulturellen, in der Neuzeit zunehmend machtpolitisch gesteuerten Handelns. Die Vorlesungsreihe und die Exkursion setzen sich sowohl mit historischen als auch gegenwärtigen Kulturlandschaften und ihrem immanenten Wandel als Wesensmerkmal auseinander. Als Erinnerungsspeicher und Kulturerbe stehen Kulturlandschaften im Dialog zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Geografia e cultura del paesaggio alpino. Lineamenti generali e aspetti particolari, con riferimenti all’Alto Adige
Fabrizio Bartaletti
Fabrizio Bartaletti, ehemaliger ordentlicher Professor für Geographie an der Fakultät für Geisteswissenschaften und Philosophie der Universität Genua und Präsident der Bachelor- und Masterstudiengänge in Geographischen Wissenschaften, ist Autor von 13 Bänden, Herausgeber und verzeichnet mehr als 140 Veröffentlichungen, darunter Beiträge in italienischen und internationalen Bänden, Artikel in Fachzeitschriften und Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen. Er hat sich vor allem mit der Geographie der Alpen, dem Alpentourismus, den Städten und Ballungsräumen, der Bodennutzung, den Ortsnamen (insbesondere in den Alpenregionen), dem geographischen Denken und dem politisch-administrativen Rahmen Italiens (Gemeinden, Regionen, Makroregionen) beschäftigt. Im Jahr 2004 wurde er vom Präsidenten von Istat als Mitglied in die Kommission "Methodologies for Land Classification" eingeladen.
Fane Alm, Vals, Mühlbach
Fane Alm, Vals, Mühlbach
12.04.2023 18.00–20.00 IT, UNIBZ, F0.01 – 2 CFP
Geografie della memoria. I paesaggi fragili
Antonella Tarpino
Antonella Tarpino ist Historikerin und Essayistin. Zu ihren Büchern gehören: Geographies of Memory. Häuser, Ruinen, Alltagsgegenstände (Einaudi 2008); Spaesati. Luoghi dell'Italia in abbandono tra memoria e futuro (Einaudi 2012, Bagutta-Preis 2013); Il paesaggio fragile. L'Italia vista dai margini (Einaudi 2016, Internationaler The Bridge Book Award 2017 für italienische Sachbücher); Memoria imperfetta. Die Olivetti-Gemeinschaft und die neue Welt (Einaudi 2020) sowie Das Buch der Erinnerung. Wohnungen, Räume, Objekte. Dove abitano i ricordi (Hrsg.) Il Saggiatore 2022. Sie ist Vizepräsidentin der Stiftung Nuto Revelli.
Piana Alessandrina
Piana Alessandrina
19.04.2023 18.00–20.00 ONLINE – 2 CFP
Paesaggi politici del fascismo. Continuità e rotture
Roberta Biasillo
Roberta Biasillo ist Assistenzprofessorin für politische Geschichte an der Universität von Utrecht, Niederlande. Sie hat an der Universität Bari in europäischer Geschichte promoviert und ist Umwelthistorikerin. Sie war Max-Weber-Stipendiatin am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. In der Vergangenheit forschte sie am Environmental Humanities Laboratory des KTH Royal Institute of Technology in Stockholm, am Rachel Carson Center for Environment and Society in München und an der Sezione Studi e Ricerche dell’Istituto Nazionale di Previdenza Sociale in Rom. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Forstwirtschaft und Randgebiete im liberalen Italien sowie die Umweltgeschichte des italienischen Kolonialismus mit Schwerpunkt Libyen. Jüngst hat sie (zusammen mit Marco Armiero und Wilko Graf von Hardenberg) publiziert: La natura del Duce. Una storia ambientale del fascismo (Einaudi 2022). Sie hat eine Monographie über die Pontinischen Sümpfe von der Vereinigung bis zum Aufkommen des Faschismus in Arbeit.
Kulturlandschaften in Südtirol. Zwischen Nostalgie und Wandel
Peter Kasal
Peter Kasal ist in Neumarkt geboren, studierte Agrarwissenschaften an der Boku in Wien und absolvierte die Staatsprüfung in Bologna. Nach seiner Tätigkeit als Freiberufler und im Unterricht hat er seit 2008 die Funktion des Direktors des Amtes für Landschaftsplanung in der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung der Südtiroler Landesverwaltung. In dessen Zuständigkeit fallen die Erarbeitung der Landschaftspläne der Südtiroler Gemeinden, das Landschaftsleitbild als übergeordnetes strategisches Planungsinstrument, die gesetzlich vorgesehenen landschaftsrechtlichen Genehmigungen und die Natur- und Umweltbildung.
Waltraud Kofler Engl studierte Kunstgeschichte und Geschichte an den Universitäten Innsbruck und Florenz und promovierte 1986 zum Dr. phil. mit einer Arbeit über mittelalterliche Wandmalerei in Tirol. Von 1986 bis 2018, ab 1995 in leitender Funktion, war sie in der Denkmalpflege in Südtirol tätig. Seit 2018 leitet sie die Plattform Kulturerbe und Kulturproduktion an der Fakultät für Design und Kunst der Freien Universität Bozen. In ihren Publikationen und Forschungen befasst sie sich mit der Kunst-, Architektur- und Gartengeschichte unter besonderer Berücksichtigung des Südtiroler Kontextes, der Theorie und Praxis der Denkmalpflege, der Konservierung, der Kulturerbeerziehung und der Kulturvermittlung sowie mit dem diskordanten Erbe, dem unbequemen kulturellen Erbe des Faschismus und der Militarisierung der Landschaft. Sie leitet das Forschungsprojekt "In die Landschaft eingeschrieben. Orte, Spuren und Erinnerungen des Ersten Weltkriegs in den Sextner Dolomiten" und ist zusammen mit Elisabetta Rattalino Kuratorin der Ausstellung zu diesem Projekt. Sie ist Mitglied von ICOMOS Deutschland und der Arbeitsgemeinschaft für Theorie und Lehre der Denkmalpflege.
Gaia Piccarolo ist Architektin und Architekturhistorikerin. Sie promovierte 2010 in Architekturgeschichte und Stadtplanung am Politecnico di Torino und war 2020 bis 2024 Forschungsassistentin an der Plattform für Kulturerbe und kulturelle Produktion der Fakultät für Design und Künste (unibz). Sie lehrt Landschaftsgeschichte am Politecnico di Milano und ist Mitglied des Redaktionsausschusses der Zeitschrift "Lotus International". Sie kuratierte mehrere Ausstellungen und hat zahlreiche Aufsätze über zeitgenössische Architektur, Städtebau und Landschaftsgestaltung veröffentlicht. Ihre Themen umfassen die Kommunikation von Ideen und Modellen zwischen Europa und Amerika, interdisziplinären Überschneidungen zwischen Architektur, Kunst und Landschaftsgestaltung in der zeitgenössischen Debatte, Prozesse des Kulturerbes sowie diskursive Konstruktionen über das Kulturerbe.
Gianluca Fondriest ist Archäologe und Museumspädagoge. Nach seinem Bachelor in Kulturerbe und einem Master in Archäologie (Trient, Groningen) absolvierte er einen Master-Abschluss in Museumspädagogik (Rom). Nach dem Studium arbeitete er im Bereich der professionellen Archäologie und nahm Vermessungskampagnen an Baustrukturen aus der Zeit des Ersten Weltkrieg im Trentino und in Südtirol vor, sowie archäologische Notausgrabungen (von der Vorgeschichte bis zur Neuzeit) und 2D- und 3D-Dokumentationen. Seit 2015 arbeitet er als Museumspädagoge für die Soprintendenza per i Beni Culturali della Provincia Autonoma di Trento, ufficio beni archeologici, und für das Castello del Buonconsiglio. In den letzten Jahren hat er mehrere Ausstellungen zu archäologischen und künstlerischen Themen im Trentino kuratiert. Seine aktuellen Forschungen konzentrieren sich auf die Identifizierung, GPS-Vermessung, Kartierung und dreidimensionale Dokumentation von Kriegsfunden in den Dolomiten.
Geführte Exkursion in die Bergbaulandschaft Ridnaun/Schneeberg
Armin Torggler, Volkmar Mair
Armin Torggler wurde 1975 in Bozen geboren. 1994–2006 Studium der Ur- und Frühgeschichte sowie der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie und der Geschichte an der Universität Innsbruck. Von 2001 bis 2003 Mitarbeit an Ausstellungsprojekten auf Schloss Runkelstein. Von 2004 bis 2007 Koordinator für das Schloss Runkelstein und von 2007 bis 2016 Koordinator der Stiftung Bozner Schlösser für die Schlösser Runkelstein und Maretsch. 2016 bis 2018 wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Bozner Schlösser. Seit 2018 wissenschaftlicher Kurator des Südtiroler Landesmuseums für Bergbau. Schwerpunkte der Forschungs- und Publikationstätigkeit: Burgenarchäologie, Bekleidungsgeschichte, Wüstungsforschung und Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Tirol im Mittelalter und der frühen Neuzeit, Geschichte des Bergbaus in Tirol.
Volkmar Mair Jahrgang 1967. Von 1986 – 1991 Studium am Institut für Mineralogie und Petrographie der Universität Innsbruck mit Abschluss zum Mag. Rer. Nat. mit dem Thema: "Andesitische und basaltische Gänge im Ortlergebiet". Anschließend Doktoratsstudium zur Geologie, Geochemie und Tektonik von Intrusionen und deren Kontaktgesteine im Ortlergebiet. Von Mai 1991 bis April 1998 Assistent am obgenannten Institut. Danach Assistent am Institut für Geologie in Innsbruck. Vom 1. April 1999 bis 31 Mai 2011 Geologe am Amt für Geologie und Baustoffprüfung der Autonomen Provinz Bozen. Ab 1. Juni 2011 Direktor des obgenannten Amtes. Zahlreiche Publikationen, geologische Karten, Ausstellungen und Projekte zur Mineralogie, Petrologie, Geologie, Gefahrenzonenplanung und Permafrost im Tiroler Raum.
Die Exkursion beginnt am frühen Morgen am Bergbaumuseum. Bereits hier sind Spuren der bergbaulichen Nutzung sichtbar: Die alpine Landschaft ist geprägt von Lagergebäuden und Anlagen für den Materialtransport. Die wesentliche Infrastruktur des Bergwerks, 150 Kilometer in den Fels geschlagene Stollen, bleiben dem Blick allerdings verborgen. In diesen Stollen haben die Bergwerksarbeiter über Jahrhundert hinweg - die ersten Zeugnisse stammen aus dem Jahr 1200 - in mühsamer Arbeit Silber, Blei, Zink und viele andere Mineralien aus dem Gestein abgebaut, bis zur Schließung der Anlage im Jahr 1985.
Unsere Begleiter geben uns eine Einführung zum Standort, einem komplexen Bergwerkssystem, das sich über das Passeiertal, den Monteneve und das Ridannatal erstreckt, sowie zu den Bergbau- und Transporttechniken, die die Landschaft geprägt haben. Im Anschluss bringt uns ein Bus zum Eingang des Poschhaus-Stollens auf 2.000 Meter Höhe. Den ersten Stollen durchqueren wir auf Schienen und beginnen dann unseren Weg durch die Stollen "Poschhaus" (aus den 1970er Jahren) und "Karl" (aus dem 17. Jh.). Ausgerüstet sind wir mit Gummistiefeln für die teils überschwemmten Abschnitte und Helmen mit Taschenlampen. Unserer Begleiter erklären die verschiedenen Konstruktionssysteme der einzelnen Tunnelabschnitte. Die Alpenkiefer, behandelt mit Schimmelschutz, hat sich im Laufe der Zeit als optimales Material für den Bau selbst komplexer Tunneltragwerke bewährt, ganz anders als Beton, der rasch den Erosionserscheinungen zum Opfer fällt.
Im Verlauf der dreistündigen Wanderung über einige Höhenunterschiede hinweg wird der Unterschied zwischen den glatten Wänden der von Hand gegrabenen Stollen, die später oft vergrößert wurden, um den Bergleuten die Arbeit zu erleichtern, und den durch neuere Vortriebstechniken wie Schießpulver oder Dynamit entstandenen, unregelmäßigen Wänden sichtbar. Die gezeigten Pläne und Schnitte veranschaulichen die beeindruckende Komplexität des Stollensystems. Farbe und Beschaffenheit des Gesteins um uns herum sind Anzeichen für das Vorkommen verschiedener Mineralien und wir lernen, wie die Erzadern mit ihren spezifischen Geometrien die Form dieser unterirdischen Stadt im Laufe der Zeit geprägt haben.
Aus dem Bergwerk zurück zeigt sich uns die noch teilweise verschneite Landschaft der umliegenden Gebirgsketten. Vorbei am schönen Moossee und dem Passeiertal beginnt die zweite Etappe der Wanderung, die im Bergarbeiterdorf St. Martin in Monteneve endet, wo Armin Torggler uns einen Überblick über die historischen, politischen und wirtschaftlichen Aspekte der Bergbaugeschichte der Region von der Urzeit bis zur Schließung gibt.
Die Forcella di Monteneve ist trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit immer noch unpassierbar, so dass wir beschließen, auf dem gleichen Weg zurückzugehen. Auf dem Rückweg, bei dem Volkmar Mair mit seinem geschulten Auge die Spuren der Herkunft und der Geschichte aus den Steinen abliest, betrachten wir die kurvenreichen Spuren, die der Erztransport in den Berg gegraben hat: kleine Wasserlöcher und die im Tal abgelagerten Torfstiche, in denen sich kleine fleischfressende Blumen angesiedelt haben.
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl
Exkursion zum Südtiroler Bergbaumuseum in Ridnaun/Schneeberg. Foto Klaus Hackl