18 Mär 2025
DE, unibz, F0.01

Vortrag: Alexandra Skedzuhn-Safir

Olf. Odeur. Oud. - Die Bedeutung von Gerüchen für das kulturelle Erbe

Der Geruchssinn ist eine wichtige Informationsquelle, die uns über verdorbene Lebensmittel informiert oder uns vor Feuer warnt. Er ist der Sinn, der sich bei Neugeborenen zuerst entwickelt. Dennoch wurde seine Bedeutung für das kulturelle Erbe in der Vergangenheit weitgehend ignoriert. Heute werden Gerüche - ob als ekelerregendes Odeur oder als sinnlicher Duft - als ernstzunehmender Aspekt des kulturellen Erbes anerkannt.

Jeder Ort hat seinen Geruch: Er hinterlässt einen olfaktorischen Eindruck im persönlichen und kollektiven Gedächtnis. Gerüche haben für verschiedene Menschen unterschiedliche Bedeutungen, je nachdem, welche persönlichen und kollektiven Erfahrungen und Emotionen mit ihnen verbunden sind. Gerüche besitzen daher keine intrinsische Bedeutung, sondern sind mit kollektiven und individuellen Bedeutungszuschreibungen verbunden und somit kulturell bestimmt. Gerüche tragen also zur Identitätsbildung bei.

Kulturell signifikante Gebäude und urbane Räume werden im Allgemeinen als Informationsquelle für das Verständnis ihrer historischen, sozialen, ästhetischen oder spirituellen Bedeutung betrachtet.

Durch ihre Anordnung, Form, Farbe, Größe oder ihrer Materialbeschaffenheit lassen sie Rückschlüsse über vergangene Lebensformen und -bedingungen zu. Historische Orte tragen Spuren vergangener menschlicher Aktivitäten, und einige von ihnen besitzen auch olfaktorische Qualitäten.

Die Einbeziehung von Gerüchen in die Untersuchung historischer Stätten bedeutet u.a., dass die Erhaltungsmaßnahmen im Umgang mit der historischen Substanz neu überdacht werden sollten, letztlich unter Berücksichtigung der olfaktorischen Patina. Dies wird sich folglich auf die konservatorischen Entscheidungen auswirken, da Werte nicht nur auf den visuellen Qualitäten beruhen sollten, sondern idealiter auch die olfaktorischen Elemente berücksichtigt werden sollten.

Der Vortrag widmet sich der kulturellen Bedeutung von Gerüchen für das Verständnis ihrer Rolle in der Vergangenheit und Gegenwart sowie ihrer Erhaltung und Vermittlung.

 

CV

Alexandra Skedzuhn-Safir studierte Stein- und Keramikrestaurierung am Istituto per l'Arte e il Restauro in Florenz und arbeitete mehrere Jahre lang an Restaurierungsprojekten vor Ort. Sie erwarb ihren BA-Abschluss in der Konservierung von architektonischen Oberflächen an der HAWK in Hildesheim und ihren MA in Welterbestudien an der BTU Cottbus-Senftenberg. Ihre Promotion in Denkmalpflege befasste sich mit der Topographie der Prostitution im Florenz des 19. Jahrhunderts und der kulturellen Bedeutung historischer Bordelle.

Ihr Interesse in Forschung und Lehre gilt der Marginalisierung im Denkmalschutzdiskurs, dem inhärenten Konflikt zwischen Restaurierung historischer Bausubstanz und Werterhaltung sowie der Interpretation von Kulturerbe. Ihr Postdoc-Projekt widmet sich den Gerüchen historischer Stätten und deren kultureller Bedeutung. Untersucht wird die Auswirkung dieser Gerüche auf die Identitätsbildung und die daraus resultierenden Umgang mit dem kulturellen Erbe.

Für ihre Forschung über die „100 duftendsten Orte“ in Japan erhielt sie 2024 ein Langzeitstipendium der JSPS (Japanese Society for the Promotion of Science).

Alexandra Skedzuhn-Safir ist u.a. Mitglied von ICOMOS und der Arbeitsgruppe für Theorie und Lehre der Denkmalpflege (AKTLD).