Eine interdisziplinäre Diskussion
Die Plattform für Kulturerbe und Kulturproduktion der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen fördert die interdisziplinäre Diskussion zu Fragen der Definition und Praxis von Kulturerbe als Kulturproduktion und verwebt die vielfältigen Forschungsansätze, die sich auf Kunstwissenschaft, soziokulturelle Wissenschaften (Anthropologie, Kulturgeographie und Soziologie), Geschichte, Architektur, Kunst und Design stützen. Ziel der Plattform ist es die Erforschung, Erhaltung, Vermittlung und Weiterentwicklung des kulturellen Erbes in der Europaregion/EUREGIO Tirol-Südtirol-Trentino unter Einbeziehung der sozialen Partizipation zu entwickeln.
Kulturerbe als Kulturproduktion
Mit Blick auf zeitgenössische soziale Kulturerbe-Praktiken definiert die Plattform materielles und immaterielles Kulturerbe nicht allein als überliefertes Produkt, sondern als Produktion, die in einem vielstimmigen Konzert unterschiedlicher Beteiligter entstanden ist und der kontinuierlich neue historische Schichtungen zuwachsen. Kulturelle Erbschaften als kulturelle Produktionen müssen immer wieder neu ausgehandelt werden, was zu Prozessen führt, die sowohl auf Kontinuität als auch auf Brüchen und Konflikten basieren. Orte, Gebäude, Kunstwerke, Objekte und Werkzeuge sowie Traditionen und Erhaltungsstrategien sind in ihrer Abhängigkeit von Formen der Nutzung, der Rezeption und Narration, der Umgangspraxis und der Weiterentwicklung zu verstehen.
Soziale Partizipation
Die Plattform bezieht sich ausdrücklich auf die 2005 vom Europarat verabschiedete „Rahmenkonvention über den Wert von Kulturerbe für die Gesellschaft“ (Konvention von Faro) welche die Notwendigkeit der demokratischen Teilhabe aller Mitglieder der Gesellschaft am Kulturerbe formuliert (Art: 12). Dabei stellt sich auch die Thematik der Mitbürger mit Migrationshintergrund als „Reisende des 21. Jahrhunderts“, die sowohl eigene Kulturerbschaften mitbringen, als auch an der Definition von Kultur und Kulturerbe des neuen Aufenthaltsortes teilnehmen.
EUREGIO Tirol-Südtirol-Trentino
Südtirol ist seit Jahrhunderten ein Land der Passagen zwischen Nord- und Südeuropa. Damit sind für die Erforschung und Vermittlung von Kulturerbe als soziale Praxis Aspekte der Psychogeographie, Transkulturalität, des Verkehrs und der alpinen Umwelt aufgerufen, die nicht nur die drei Länder der EUREGIO verbinden, sondern tiefe Resonanzen im Verhalten und in der kulturellen Praxis ihrer Bürger haben. Bozen als Zentrum verschiedener kultureller Einflüsse ist geografischer Knotenpunkt des Grenz- und Begegnungsraumes Südtirol und steht metaphorisch für die Komplexität und Vielschichtigkeit kultureller Traditionen, Erbschaften und Produktionen.
Im weitesten Sinne soll die Plattform auch Aufgaben der Kohäsionspolitik übernehmen. Ihre Initiativen decken sich mit den Zielen des ESF-Europäischer Sozialfonds, insbesondere mit jenen der sozialen Inklusion und Bildung.